Zeit für eine eigene Kantonsbibliothek

Anfang der 50er Jahren zeigte sich, dass der Kanton Uri als eine der wenigen Kantone über keine eigene Kantonsbibliothek verfügte. Bekanntlich will "Gut Ding Weile haben". So formierte sich im März 1953 nach vielen Jahren des Wartens unter der Leitung des damaligen Staatsarchivars Hans Schuler die "Gesellschaft zur Förderung einer Kantonsbibliothek". Der Ausleihbetrieb konnte 1954 aufgenommen werden. Die Kantonsbibliothek war in den Räumlichkeiten an der Ankenwaage in Altdorf untergebracht. Vergleichsweise spät gestartet, konnte sie sich innert weniger Jahren zu einer gut besuchten Institution weiter entwickeln.

Stiftungsgründung und der Weg in die Eigenständigkeit

Was 1953 als Gesellschaft begonnen worden war, konnte fast 20 Jahre später der öffentlichen Hand übergeben werden. Am 15. Dezember 1971 wurden die Stiftungsurkunde, sowie die neuen Statuten der "Stiftung Kantonsbibliothek Uri" unterzeichnet. Träger wurden der Kanton Uri, die Gemeinde Altdorf und die Bibliotheksgesellschaft.

Die Platzverhältnisse waren seit dem Gründungszeitpunkt der Stiftung mehr als bescheiden, die Nachfrage nach Büchern wuchs jedoch ständig besonders bei den jungen Leuten. Bereits 1972 musste man sich nach neuen Räumlichkeiten strecken: Der Lesesaal und die Urner Sammlung sowie Nachschlagewerke und Zeitschriften blieben in der Ankenwaage, die Freihandbibliothek wurde an die Gitschenstrasse 4 ins Haus Werder verlegt. Über diese "Ausleihebibliothek" steht im Jahresbericht 1973: "Sie umfasst zwei Räume, welche zwar klein sind, aber gut und geschmackvoll eingerichtet wurden. Sie sind jeweils Montags und Mittwochs von 15.00 bis 19.00 Uhr geöffnet." Die Büchermagazine verteilten sich ungünstig auf viele verschiedene Standorte.
Nach vielen Jahren im Dienst der Kantonsbibliothek übergab Hans Schuler im Dezember 1973 die Leitung an Dr. Hans Stadler, der ebenfalls auch das Amt des Staatsarchivars übernahm.

1988 zogen Staatsarchiv und Kantonsbibliothek in das ehemalige Coop-Gebäude an die Bahnhofstrasse 13 um, nachdem in einem zweiten Anlauf ein Bauprojekt - das um 700'000 reduziert werden musste - vom Volk 1986 angenommen worden war.
Im selben Jahr wurde die Leitung der Kantonsbibliothek vom Amt für Staatsarchiv getrennt und der Kantonsbibliothekarin Eliane Latzel übertragen.


Weiterführende Information
Stiftungsrat: Der Stiftungsrat bestand bis Ende 2016 aus 7 Personen: Je zwei Vertreter von Kanton und Gemeinde Altdorf, zwei Vertreter der Bibliotheksgesellschaft und eine externe Fachperson aus dem Bibliothekswesen. Mit Auflösung des Gönnervereins setzt sich der Stiftungsrat 2017 aus 5 Vertretern zusammen: aus zwei Vertretern des Kantons Uri, zwei der Gemeinde Altdorf und einer Fachperson Bibliothekswesen. Siehe Organe der Stiftung.

Ausbau der Bibliothek für alle

In den neunziger Jahren ging die Erfolgsgeschichte der Kantonsbibliothek weiter. Der Umzug in die neuen Räume mit einem grösseren Medienbestand führte zu einem beträchtlichen Anstieg der Ausleihzahlen. Der Bestand wurde auch um neue Medienarten erweitert, darunter CDs und Kassetten (ab 1987), Filme und CD-ROMs (ab 1992) und digitale Medien (ab 2013), siehe auch "Medien im Wandel" weiter unten. Die Kantonsbibliothek führte 1992 - vergleichsweise früh - EDV in ihren Arbeitsabläufen ein. Grosse Rekatalogisierungsprojekte folgten. Im Folgejahr konnten erstmals Ausleihen am Computer verarbeitet werden. Insbesondere in der Funktion als Schulbibliothek der Gemeinde Altdorf (offiziell seit 2006) und hinsichtlich der 1996 eingeführten Märchenstunden baute die Kantonsbibliothek ihr Angebot für Kinder stark aus. Ebenfalls ins Standardprogramm wurden 2011 die Värslistunden für Kleinkinder aufgenommen.

In diesen Jahren wurden auch für Erwachsene viele Veranstaltungsformate aufgenommen oder intensiv weitergeführt. Zu den wichtigsten gehören der "Lesezirkel"  (1989-2014), "50 plus Kaffee, Gipfeli, Buch und Katalog" und Matinées als Plattform für Autorinnen und Autoren.

Für die knappen Magazinverhältnisse konnten 2005  Magazinräume im 1. Obergeschoss an der Bahnhofstrasse 11 dazu genommen werden.

2013 wurde die Bibliothekskommission aufgelöst und sämtliche Aufgaben der Leitung der Kantonsbibliothek übertragen.


Weiterführende Information
Bibliothekskommission im Wandel: Diese vom Stiftungsrat gewählte Kommission war seit der Stiftungsgründung bis 2013 die geschäftsvorbereitende Kommission zu Handen des Stiftungsrates. Unter anderem stellte sie Anträge im Bezug auf Budget, Führung, erstellte die Rechnung und legte den Jahresbericht dem Stiftungsrat vor. 2013 mit Auflösung der Bibliothekskommission wurden sämtliche Aufgaben der Geschäftsleitung der Kantonsbibliothek übertragen.

Technische Modernisierung, Wegbereitung Sanierung

2013 trat die Kantonsbibliothek dem Verbund "Digitale Bibliothek Zentralschweiz bei". Im selben Jahr wurde die Bibliothekskommission aufgelöst, die Geschäftsleitung wurde der Kantonsbibliothekarin übertragen. 2015 übergab Eliane Latzel die Leitung nach 27 Jahren als Kantonsbibliothekarin an die Co-Geschäftsleitung Carla Biasini und Martina Wüthrich. Per Ende 2016 wurde der "Gönnerverein Kantonsbibliothek Uri" infolge eines stetigen Mitgliederschwundes aufgelöst. Mit dessen Auflösung gelangte eine grosse Geldschenkung an die Stiftung. Unter anderem konnte damit 2018 die Selbstausleihe- und Rückgabe ermöglicht werden. Im selben Jahr wurde zudem ein neues Bibliothekssystem eingeführt.

Im April 2020 stimmte der Landrat dem Kredit zur Sanierung der Kantonsbibliothek Uri und des Staatsarchivs Uri zu. Zum Projekt gehören auch erweiterte Magazinräumlichkeiten mit Kulturgüterschutzstandard im Untergeschoss an der Bahnhofstrasse 11 mit einer Unterführung zwischen den beiden Gebäuden. Damit kann die Bibliothek weiterhin am bewährten Standort im Zentrum von Altdorf in komplett sanierten Räumen bleiben. Die Eröffnung ist für Sommer/Herbst 2021 geplant.


Weiterführende Information
Der dritte Stiftungspartner im Wandel: Auch die "Gesellschaft zur Förderung einer Kantonsbibliothek", gegründet 1953, war im stetigen Wandel. Sie änderte ihren Namen mit der Stiftungsgründung 1971 zuerst zu "Bibliotheksgesellschaft", 1992 dann zu "Volkshochschule Uri". Damit wurde sie dem neu hinzukommenden Zweck, die Pflege der Volksbildung wie Kurse und Weiterbildungen voranzutreiben, mehr gerecht. 1999 wurde die "Volkshochschule Uri" in den "Gönnerverein Kantonsbibliothek Uri" umgewandelt. Der Anteil der Weiterbildungen wurde der Kaufmännischen Berufsschule übertragen. Damit kehrte der 45-jährige Verein nach gelungener Arbeit wieder zu seinen Zielsetzungen zurück: Der Unterstützung der Kantonsbibliothek Uri und der Herausgabe der Jahresgaben. Zu den bekanntesten Jahresgaben zählen die beiden Ausgaben des Urner Mundartwörterbuches von Felix Aschwanden, oder das Sing-Buch "Ä Strüss Ürner Liäder". 2001 trat die "Verordnung über die Unterstützung der Kantonsbibliothek" in Kraft. Damit konnte das Budget noch besser gesichert werden. Der Kanton Uri übernimmt seitdem 80% des jährlichen Betriebsdefizits, die Gemeinde Altdorf 20%. Der Gönnerverein unterstützte fortan die Bibliothek nur noch Projektbezogen. Ende 2016 wurde der Gönnerverein nach 64-jähriger Förderung der Kantonsbibliothek aufgelöst.

Medien im Wandel

1987 wurden Kassetten und CDs für die Freihand angeschafft. Diese liefen vor allem lange bei Familien gut. Aufgrund  der Ablösung durch die CDs und online-Angebote wurden die Kassetten 2018 aus dem Bestand ausgeschieden.

1992 konnten für die Freihand Videokassetten erworben werden, seit 2000 DVDs, welche die VHS-Kassetten laufend abgelöst haben. Die DVDs sind nach wie vor im Bestand ausleihbar und sehr beliebt.

1992 wurden zudem CD-ROMs erworben. Erschwerte Lizenzbedigungen für Bibliotheken führten dazu, dass diese 2018 aus dem Bestand genommen wurden.

2002 konnten 5 Notebooks angeschafft werden (Spende durch Armin Lusserfonds). Diese wurden Jugendlichen im Rahmen der Ausbildung zur Verfügung gestellt. Damals waren eigene Laptops rar. So erstaunt es nicht, dass jedes Notebook jährlich im Schnitt 8.5mal ausgeliehen wurde. 5 Jahre später ging die Nutzung markant zurück und das Angebot wurde nicht mehr weitergeführt.

2007 (-2015) wurde durch den Gönnerverein die Anschaffung von Nintendos ermöglicht. Dies vorerst für Personen ab 40 fürs Gedächtnistraining. Im gleichen Jahr wurden hölzerne Kamishibai mit Bildtafeln angeboten. Diese Bilderbuchkino-Koffer sind immer noch in der Kantonsbibliothek ausleihbar. Siehe Kamishibai.

2010 (-2012) wurden E-Book-Reader-Geräte zum Entleihen angeboten. Vorerst wurden diese Geräte individuell mit gekauften E-Medien bestückt, eine Anbindung an eine digitale Ausleihplattform fehlte. 

2011 wurden Tiptoi-Stifte ins Angebot aufgenommen. Die Stifte sind mittlerweile nicht mehr ausleihbar, die Bücher schon und nach wie vor sehr beliebt.

2013 trat die Kantonsbibliothek der Plattform "DiBiZentral" bei. Mit wenigen Ausleihen monatlich hat sich die Ausleihzahl mittlerweile auf über 2500 pro Monat gesteigert.

2019 kamen die beiden digitalen Plattformen "Overdrive" für englisch- und spanischsprachige e-Medien und "Freegal" für digitales Musikstreaming dazu.

Nach oben

Zahlen im Wandel

Ausleihen (pro Jahr physisch)

198872'690
1995105'283
2000120'268
2010174'705
2019197'138

Besucher
Für die Besucherzahlen stehen nicht immer verlässliche Zahlen zur Verfügung, da lange Zeit nur eine manuelle Schätzung vorgenommen werden konnte. Mit elektronischen Benutzerzählern hat sich die Verlässlichkeit der Zahlen verbessert. 2010 besuchten rund 74'000 Personen die KBU, 2019 rund 52'000 Personen. Der Besucherrückgang in den letzten Jahren hat unter anderem mit dem vermehrten digitalen Lesen von zu Hause aus zu tun. Dennoch haben sich die die Ausleihzahlen des physischen Bestandes erhöht.

Medienbestand
Der Medienbestand Freihand hat sich in den Räumlichkeiten auf 25'000 bis 35'000, je nach Jahr, eingependelt. Während dieser Bestand sich in etwa gleich bleibt, je nach Gestellsituation, nimmt der Magazinbestand laufend zu. 1995 waren es rund 100'000 Medien, 2019 bereits rund 147'000 Medien. Dementsprechend muss laufend neuer Platz generiert werden. Ab Sommer 2021 steht in der Bahnhofstrasse 11 im 3. Untergeschoss ein neuer Kulturgüterschutzraum zur Verfügung, der mit einer unterirdischer Verbindung zum Hauptgebäude erschlossen ist.

Das Personal

Die Kantonsbibliothek Uri wurde seit ihres Bestehens durch folgende Personen geleitet:

1953 - 1973   Hans Schuler, Initiant der "Gesellschaft zur Förderung einer Kantonsbibliothek", Staatsarchivar und Kantonsbibliothekar
1973 - 1988   Dr. Hans Stadler-Planzer, Staatsarchivar und Kantonsbibliothekar
1988 - 2015   Eliane Latzel, Kantonsbibliothekarin
Seit 2015       Carla Biasini und Martina Wüthrich, Co-Leitung

Mitgeprägt haben die Kantonsbibliothek auch sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem grossen Engagement, ihrer grossen Kundenorientierung und ihrem Wissen. Auch die Mitglieder der Bibliothekskommission, des Gönnervereins und des Stiftungsrats haben die Stiftung erfolgreich weiter entwickelt. Ohne diese Einsätze wäre die Kantonsbibliothek nicht da, wo sie jetzt ist.

Mit Anfangs etwas mehr als 1 Vollzeitstelle 1971 und aktuell rund 6.6 Vollzeitstellen, verteilt auf 12 Personen, zeichnet sich auch im Personalbereich die Entwicklung der Stiftung Kantonsbibliothek Uri ab. Grössere Bestände, mehr Kundschaft und neue Dienstleistungen haben dazu geführt, dass die Stiftung Kantonsbibliothek Uri zu einem wichtigen Arbeitgeber im Kanton Uri wurde.